Astrologin Judith Schmidheiny
macht einen Ausblick ins Jahr 2025
Die Internationale Rheinregulierung ist nun seit 13 Jahren an der Ausarbeitung des Hochwasserschutzprojektes «Rhesi». Am 11. März startet das Mitwirkungsverfahren, das bis am 28. April dauert. Gesamtprojektleiter Markus Mähr gibt Einblick in das Milliardenprojekt im Rheintal.
Region Von der Illmündung bis zum Bodensee: Der Rhein soll wieder in einen möglichst naturnahen Zustand versetzt werden. Dafür wird das Flussbett aufgeweitet und dem Rhein wieder mehr Platz gegeben. Das Projekt selbst beinhaltet aber nicht nur das Thema Hochwasserschutz, sondern spricht auch das Grundwasser, Trinkwasser, den Erdbebenschutz und die Ökologie an.
Der Rhein soll mehr Breite erhalten. «Dadurch erhöhen wir die Abflusskapazität von 3'100 Kubikmetern pro Sekunde auf 4'300 Kubikmeter pro Sekunde», erklärt Gesamtprojektleiter Markus Mähr und ergänzt: «Damit sollen Hochwasserereignisse, die statistisch 300-jährlich auftreten, vom Rhein bewältigt werden können.» Um das Projekt überhaupt durchführen zu können, ist seit dem Jahr 2011 viel Vorarbeit nötig. Dabei geht es um einen Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Österreich, in dem die Finanzierung und alle Baumassnahmen in den beiden Ländern geregelt werden. «Das Schadenpotenzial liegt je nach Ereignis bei etwa 13 bis 20 Milliarden Franken. Um dieses bei einem grösseren Hochwasserereignis einzudämmen, braucht es neue Lösungen», erklärt der Gesamtprojektleiter.
Das Besondere am Rhein sei laut Markus Mähr, dass sich die Hälfte des 6'300 Quadratkilometer grossen Einzugsgebietes des Rheins auf über 1'800 Höhenmetern befinde. Dabei spiele die Schneefallgrenze eine wichtige Rolle, dass die Abflussmengen nicht zu gross werden. Laut Prognosen wird die Schneefallgrenze wegen der Klimaerwärmung ansteigen und sich die Zuflüsse des Rheins leicht erhöhen.
Im 19. und 20. Jahrhundert sei es laut dem Gesamtprojektleiter öfters zu grösseren Hochwasserereignissen gekommen, da damals die Dammbauwerke noch nicht so gut gewesen seien. Er erinnert an das Hochwasser im vorarlbergischen Rheintal im Jahre 1817. Damals wurden der grösste Teil des Rheindeltas und weite Flächen des Tals überschwemmt. Als weitere grosse Hochwasserereignisse sind jene von 1888, 1927, 1954 und 1987 zu nennen. Man entwickelte verschiedene Möglichkeiten, um die Abflusskapazität zu steigern. Sei es der Fussacher Durchstich, der zwischen 1895 und 1900 realisiert wurde, um den Hochwasserschutz voranzutreiben und das Wasser und Geschiebe des Rheins direkt in den Bodensee zu leiten oder der Diepoldsauer Rheindurchstich 1923. Damals entstand durch eine Abkürzung des Rheins der alte Rhein, der um Diepoldsau herum fliesst. Durch einen erneuten Staatsvertrag und eine anschliessende Vorstreckung von vier Kilometern bei Fussach und dem Bodensee wurde sichergestellt, dass das Geschiebe des Rheins in die Tiefen des Bodensees transportiert wird.
Um den Auftrag, den die Internationale Rheinregulierung (IRR) bekommen hat, auszuführen, wurden in Dornbirn in einer Halle verschiedene Modelle aufgebaut, um den Wasserfluss des Rheins nachvollziehen zu können. «Mit diesen Modellen konnten wir den Rhein von seinen Abflusskapazitäten recht gut einschätzen. Was jedoch schwieriger vorherzusagen ist, ist das Zusammenspiel zwischen Wasser und Geschiebe, das sich im Rhein befindet. Dieses wird aber seit rund 120 Jahren laufend gemessen und untersucht», erklärt Markus Mähr. Die Resultate, die bei den Berechnungen entstehen, können deshalb auch ein wenig vom tatsächlichen Zustand abweichen: «Wir haben Abweichungen von etwa 20 bis 30 Prozent. Wir müssen uns deshalb auch immer Massnahmen überlegen, die diese Abweichungen noch abdecken können und zudem immer wieder Anpassungen vornehmen.» Bisher wurde beim Rheinbauwerk in den Jahren 1924 und 1954 nachgebessert. Dies sei auch in Zukunft so, dass immer wieder nachgebessert werden muss. Auch in der Bauzeit werde reagiert, sollte etwas noch nicht passen.
Der Rhein soll wieder in seinen natürlichen Bahnen verlaufen. «Wir geben dem Fluss wieder mehr Platz, statt dass er in einer technischen Lösung wie dem Doppeltrapezprofil fliesst», erklärt Markus Mähr. Die mittlerweile 100 bis 120 Jahre alten Dämme des Rheins werden auf einer Strecke von 26 Kilometern entweder saniert oder erneuert. Die Projektbeteiligten hätten besonders im Bereich des Diepoldsauer und Fussacher Durchstichs bei den Bohrungen tonig, torfiges Material entdeckt, das sich als schlechtes Baumaterial erweist und auch bei Erdbeben nicht standhalten würde. «Der heutige Rhein ist eher ein toter Fluss. Dieser soll mit der Aufweitung des Flussbettes, den natürlich entstehenden Kiesbänken und den aufkommenden Auwäldern wieder an Natürlichkeit gewinnen und Flora und Fauna neuen Lebenstraum bieten», betont der Gesamtprojektleiter. Bei der Aufweitung wird die Kiessohle des Rheins um etwa ein bis zwei Meter angehoben. Dadurch steigt der Grundwasserspiegel von ausserhalb an. Um das zu verhindern, werden links und rechts neben dem Damm Drainageleitungen von etwa zwei Metern Durchmesser eingebaut: «Die Wassermengen können so in den Sickerkanal oder den angrenzenden Binnenkanal umgeleitet werden. Falls dies im Binnenkanal der Fall ist, funktioniert das Ganze aber auch in die entgegengesetzte Richtung. Zudem werden Ausleitungsstellen eingeplant, die bei Hochwasser zum Zug kommen. Diese befinden sich in Diepoldsau, Kriessern und in Lustenau.»
Die Trinkwasserbrunnen in Widnau und Lustenau erhalten im Bauvorhaben des Projekts jeweils einen neuen Standort: «Da das Flussbett an Breite gewinnt, werden die Trinkwasserbrunnen in Widnau und Lustenau verschoben, da sie sich momentan im Bereich des zukünftigen Flussbettes befinden. Dieses wird auf bis zu 300 Metern Breite aufgeweitet.» Zudem werden neue Trinkwasserbrunnen erstellt, die die Trinkwasserversorgung sichern sollen, während andere Brünnen verschoben werden. Durch die danach genügend vorhandenen Trinkwasserbrunnen, dürfte auch bei einem Bevölkerungszuwachs die Trinkwasserversorgung bis ins Jahr 2100 gesichert sein.
«Das Projekt selbst wurde gegenüber früheren Schätzungen schon teurer. Dies hat mit den Massnahmen der Dammsanierungen zu tun, da man dachte, man könne diese erhalten, aber auch durch die Inflation. Im jetzigen Preis für das Projekt wurde die Inflation der nächsten 26 Jahre bereits miteingerechnet. Könnten wir jetzt sofort bauen, würde das Projekt lediglich 1,4 Milliarden kosten. Über die Zeit mit verschiedenen Bohrungen und Tests haben sich zudem verschiedene Umstände wie das Bauwerk und der Aspekt der Erdbebensicherheit geändert.»
Der neue Rhein nach dem Hochwasserschutzprojekt soll sich innerhalb der Schutzdämme bewegen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: «In Kob-lach wird der Aussendamm bei der Frutzmündung um 80 Meter abgerückt. Dort ist auch bestehender Wald betroffen, der dann in der neuen Gestaltung wieder aufleben kann.» In Koblach/Meiningen sei man sich noch nicht ganz sicher, ob man den Wald ins Projekt miteinbeziehen kann oder ob dieser gerodet werden muss. Die Veränderung am Fluss soll grösstenteils vom Fluss selbst übernommen werden. Es kommt auch viel Geschiebe zustande. Dieses wird dann an zwei zusätzlichen Kiesentnahmestellen aus dem Rhein geholt. Diese werden sich in Diepoldsau und in Rüthi befinden.
Ab dem 11. März läuft das Mitwirkungsverfahren zum Hochwasserschutzprojekt «Rhesi». Zudem finden am 5. und 6. März um 19.30 Uhr Informationsanlässe für Interessierte im Widebaumsaal in Widnau statt. «Wir haben natürlich bisher wichtige Inputs von der Bevölkerung erhalten und sind im ständigen Austausch mit den Gemeinden», betont Markus Mähr. Das Mitwirkungsverfahren läuft bis am 28. April. Dabei können rund 400 Pläne und Berichte online eingesehen sowie Rückmeldungen dazu erfasst werden. Im Mai wird dann die Paraphierung des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und Österreich stattfinden. Danach wird der Staatsvertrag in der nächsten Wintersession zur Abstimmung vorgelegt. Das Hochwasserschutzprojekt selbst soll im Jahre 2050 abgeschlossen sein.
Von Manuela Müller
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